Kotscha Reist: ‹Old Ideas›
21.2.-23.3.2013
Seine “Old Ideas“ malte Kotscha Reist, seine “alten Ideen“, Bilder also, die er schon lange einmal mit seiner Malerei umsetzen wollte. Man kann in der Ausstellung zwei Werkblöcke ausmachen: Einerseits sind da die narrativen, zum Teil nahe an der Zeichnung befindlichen Arbeiten, die überschäumen von Assoziationsmöglichkeiten und Referenzen. Dann sind die eher “leeren“, beinahe geometrisch aufgebauten Bilder ausgestellt, deren Leerstellen Raum für eigene Interpretationen und Gedanken lassen.
Erstmals sind auch bewusst Verdoppelungen zu sehen. Schon länger zitiert er sich im Laufe der Zeit immer wieder selbst; nun sind solche “Zitat-Zitate“ auch nebeneinander in der Ausstellung zu sehen. Seine vielfältigen Versatzstücke platziert er leichthändig auf den Leinwänden, addiert, lässt weg, spart aus. Seiner Malerei liegen Fotovorlagen zu Grunde, die er frei interpretierend und manchmal variierend auf Bildträger bringt. Meist stammen die Referenzen aus Zeitungen und Zeitschriften; oft verwendet er aber auch gefundene oder eigene Fotografien. Mal schemenhaft zurückhaltend, mal kraftvoll inszeniert, breitet sich vor den BetrachterInnen ein Kosmos zwischen Aktualität und Historie aus. Landschaften und Interieurs stehen gleichberechtigt neben figurativen Arbeiten oder Stillleben. Die Themen sind vielfältig: Immer wieder finden sich Aststrukturen, Menschen in kuriosen Posen, Fenstersituationen oder Tiere; oft entstehen mehrere, freie Versionen des gleichen Sujets. Und immer steht das Leben im Mittelpunkt: Es sind allesamt Bilder aus dem Leben und Bilder über das Leben. Kotscha Reist setzt seinen inhaltlichen Schwerpunkt auf das vermeintlich Banale, überhöht es und entrückt damit dessen Bezug zur Wirklichkeit. Dabei kombiniert er gerne mehrere Vorlagen zu komplexen Kompositionen. Mittels Vergrösserung oder Verkleinerung verfremdet er die Motive; zudem blendet er Details aus oder rückt sie ins Zentrum.
Seine Malerei ist klar aufgebaut und mit leichten Pinselstrichen auch nahe am flüchtigen Moment einer Skizze. Die markanten Umrisslinien, entwickelt in den jüngeren Papierarbeiten, fanden einen adäquaten Platz auf der Leinwand. Die Arbeiten wirken immer freier, Farbfläche wird gekonnt an Farbfläche gesetzt – harte Realitäten neben Sinnlichkeit.
Die Bilder sind aus der Zeitachse heraus gerissene Momentaufnahmen, zum Teil völlig entkontextualisiert und in eine neue Welt gesetzt – irritierende Erinnerungsfragmente eines kollektiven Gedächtnisses. Die eigene Lebenserfahrung der BetrachterInnen wird, aufgeladen mit dem visuellen Erfahrungsschatz des Künstlers, wie ein Echo vom Werk reflektiert. Durch diesen Widerhall werden die Bilder unvermittelt Teil der eigenen Erinnerung und Geschichte.
Bernhard Bischoff, Februar 2013