‹Backstage› Dominik Stauch
17.10.-29.11.08
‹Backstage› bezeichnet einen Ort, an welchen man meist nur als Insider oder VIP hinkommt. Es ist ein Ort der Gerüchte und Mythen; aber auch ein Ort der Schöpfung und Kreation. Einfach ein Ort, an welchem man eigentlich sein möchte. Und mit einem solchen Sehnsuchtsort kokettiert Dominik Stauch bei der Wahl des Titels für seine aktuelle Ausstellung. Er arbeitete in den letzten Jahren an einer konsequenten ‹Erweiterung› der Malerei, indem er unterschiedlichste Medien (Ölmalerei, digitale Prints, Computer-animationen, Installationen und Skulpturen) kombinierte, dabei aber der Farb- und Formtheorie treu blieb. Er ist stets Maler geblieben, das stimmige Zusammenfügen von Farben und Formen waren sein Ziel. Die Reduktion auf geometrische Grundformen lässt ihm dabei den nötigen Spielraum, seinen konzeptuellen Ansatz mit neuster Technik in Einklang zu bringen. Die Kunstgeschichte, die Musiktheorie des 20. Jahrhunderts und die Beat-Literatur sind ihm das nötige Fundament, um seinen Arbeiten die gewohnte Tiefe zu geben.
Nun verzichtet Dominik Stauch auf eine Präsentation grosser Arbeiten.* Als einziges, raumgreifendes Werk teilt ein ‹Paravent› den Raum in zwei Seiten. Auf der einen Seite des Raumteilers steht ‹BAD›, auf der anderen ‹GOOD› aus vermeintlichen Backsteinen geschrieben. Wie im ‹Leben› trennt er den Raum in gut und schlecht, grenzt somit ein und aus. Welche Seite die Gute ist, ist aber einzig eine Frage des Standortes; und meistens sind die Guten ja eh auf der eigenen Seite. So widersprüchlich und tiefgründig die Arbeit ist, sie zeigt auch das Dilemma des künstlerischen Schaffensprozesses gekonnt auf: Nicht jedes Werk ist ein Meisterwerk – und erst mit dem Ausloten und Ergründen von Ideen und zum Teil deren Verwerfung kann Neues und Spannendes entstehen. Und so lässt einen der Künstler denn ein erstes Mal in die Karten blicken und teilhaben an seiner Werkgenese. Er lebte und arbeitete für ein halbes Jahr in Berlin und zeigt nun eine Auswahl an Arbeiten, die dort entstanden sind. Dutzende von Papierarbeiten belegen eindrücklich das vielfältige Interesse des Künstlers und bilden das vielschichtige Kondensat seiner Gedanken- und Geisteswelt. Waren bislang Hinterglasmalereien, Videoprojekte oder Installationen in Ausstellungen zu sehen, öffnet er, ähnlich einem Kabinett, seine umfangreichen Materialsammlungen. Darin enthalten sind sowohl skizzenhafte Entwürfe, als auch durchkomponierte Entwürfe. Entstanden ist wunderbares Panoptikum das vor uns ausgebreitet wird. Die einzelnen Blätter lassen sich in thematische Gruppen fassen. So hat Dominik Stauch eine ganze Serie dem Thema ‹Gitarren› gewidmet. Gekonnt pendelt er zwischen Kunstgeschichte (etwa den kubistischen Dekonstruktionen) oder der Pop- und Rockkultur. Ebenfalls ein immer wiederkehren-des Thema ist das des Reiters – das bei Franz Marc beginnt und bei den ‹Cowboys› Hollywoods endet. Bei ‹Rubber Soul› interessieren ihn die vielen Facetten von Endloszeichnungen. Zwei definitiv ausgearbeitete ‹Flugversuche› zieren denn auch, als einzige ‹Nicht-Papierarbeiten›, den Ausstellungsraum.
Im Spannungsfeld von Werbung, Kommerz und Alltagskultur spielt Dominik Stauch gekonnt auf der Klaviatur der Kulturgeschichte. Vieles wird angedeutet, manches auch eingelöst. Entstanden ist eine Liebeserklärung an Vorbilder, eine eigentliche Hommage an die Kultur. ‹Backstage› mutiert so vom Werkfundus des Künstlers zu jenem grossen, allgemeingültigen Fundus, aus welchem wir unser heutiges Kulturverständnis ableiten.
Bernhard Bischoff, Oktober 2008
*Im Moment findet im Kunsthaus Grenchen eine Ausstellung mit Dominik Stauchs installativen Arbeiten statt: Watching the River Flow, 14. September bis 9. November 2008