Bodo Korsig ‹Regaining My Balance›

Bodo Korsig (*1962 Zwickau/D) lebt und arbeitet in Trier und ist rund um die Welt aktiv. Der studierte Bildhauer und Steinrestaurator arbeitet in unterschiedlichen Medien wie Holzschnitt, Zeichnung, Malerei, Objekt (Relief) sowie Fotografie und Film.

Seit 2015 liegt der Fokus seiner Arbeit auf dreidimensionalen Filzarbeiten. Die großformatigen, raumgreifenden, geradezu monumentalen Filzarbeiten verstehen sich als Reaktion bzw. Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen, die Menschen in extreme Situationen versetzen.

Die Entwicklung der Formensprache und Techniken vorangegangener Stahlobjekte finden in der Leichtigkeit, Flexibilität und Biegsamkeit des Filzes ihre Vollendung. Das intensive Schwarz des industriellen Filzstoffs, der aus der Ferne wie Stahl anmutet, lässt einen Fokus auf starke Kontraste, vielfältige Formate und dynamische Strukturen zu, wobei die Cutouts stets ihre stofflich bedingte Leichtigkeit bewahren. Die weiche Oberfläche absorbiert das Licht, hebt sich dadurch verstärkt von den Wänden ab und verleiht den Arbeiten in der jeweiligen Hängung einen schwebenden, schwerelosen Eindruck. Je nach Lichteinfall werden die frei im Raum positionierten oder mit Kontakt zur Wand hängenden Objekte Teil eines diffusen Schattenspiels.

Beim Schneiden der großformatigen Filzarbeiten muss die Statik des Materials berücksichtigt werden, damit die Stabilität des fertigen Kunstwerks in seiner Struktur aus flächigen und nahezu fragilen Verbindungen nicht gefährdet wird. Dynamische und präzise geplante Cutouts bilden in abstrahierter Form Gehirnstrukturen sowie die Übertragung elektrischer Impulse zwischen den Synapsen nach und bieten dem Betrachter auf diese Weise eine umfassende Projektionsfläche an. Dort, wo sich die Wandobjekte öffnen, fließen die individuellen Empfindungen und Gedanken der Betrachter ein und nehmen sie gefangen. Dabei erinnert die Formensprache der Werke an mikrobiologische Motive oder an abstrahierte, individuelle Gehirnstrukturen. Also etwa an Zellen, Zellstränge, Mikroorganismen, aber auch an Erreger wie Viren. Diese Kreationen ermöglichen, auch durch ihre teilweise übermenschliche Größe, die Auseinandersetzung mit Ängsten und Ungewissheiten.

Die Variationen von Gedankensplittern eröffnen ein Schlaglicht auf die vielfältigen Möglichkeiten des Textils, indem sie die Rückseiten des Werkes offenbaren, welche mit intensiven, reflektierenden Farben akzentuiert sind, dem Betrachter jedoch gleichzeitig die tatsächliche Form des Gebildes vorenthalten, da sie ineinander gefaltet sind.
Die prägnante Formensprache und Wirkung sind universell und frei. Die einzigartige Stofflichkeit des langlebigen Filzes bleibt immer greifbar präsent.

Bodo Korsigs abstrakte Formen aus kraftvollen Linien prägen sich uns wie einschlägige Kennzeichen ein und sind gleichzeitig komplex; wirken fremd und doch vertraut. Inspiriert von alltäglichen wie spezifischen Motiven, beispielsweise aus der Medizin, fügen sie die Motive aber kaum zu eindeutigen Bildern. Runde, weiche Formen mutieren bei näherer Betrachtung zu gewächsartigen Strukturen, von denen eine eigene, unberechenbare Energie ausgeht. Ornamental wirkende Bildzeichen erinnern an schemenhafte, wissenschaftliche Darstellungen von Zellstrukturen, Bakterienketten oder viralen Wucherungen.

So bietet die Ausstellung ‹Regaining My Balance› den Besuchenden eine vielfältige und spannende Übersicht über das Schaffen von Bodo Korsig.

Im Showroom von Videokunst.ch ist zudem die neue Videoarbeit «Ankunft», 2022 von Bodo Korsig zu sehen.