‹Landscapes Reloaded›: Katia Bourdarel, Raffaella Chiara, Rainer Eisch, Bernhard Huwiler, Christian Indermühle, Reto Leibundgut
14.6.-11.8.07
‹Landschaftsmalerei› zählt zu den klassischen Gattungen der Kunstgeschichte, war aber lange Zeit viel weniger geschätzt, als etwa Historien- oder Porträtmalerei. Oft wurde sie wortwörtlich in den Hintergrund ‹gerückt› und emanzipierte sich eigentlich erst im 19. Jahrhundert vollends. Die aktuelle Ausstellung, ‹Landscapes Reloaded›, zeigt sechs Positionen zeitgenössischen Schaffens, die sich mit dem Thema ‹Landschaft› befassen. Medienübergreifend wird der Landschaftsdiskurs einmal mehr neu gestellt; die Grenzen zwischen klassischen Techniken wie Malerei oder Zeichnung und digitalen Interpretationen des Begriffs werden dabei verwischt. Der Titel, ‹Landscapes Reloaded›, zeugt von der ständigen Erneuerung und Neuinterpretation alter Themata in der zeitgenössischen Kunst und knüpft an gängige Modelle im Bereich der Computer- oder Filmindustrie an.
Katia Bourdarel entführt in eine Märchenwelt. Ihre mystisch anmutenden Bilder platziert sie auf einer grossen Wandmalerei, so dass diese förmlich Teil davon werden. Ein riesiges, befedertes Märchen-wesen bildet den eindrücklichen, gemalten Rahmen für die feinen Aquarelle und Ölbilder. Im Zentrum steht die Serie ‹L’ombre du vent›, Bilder der Tochter der Künstlerin, auf denen diese feenhaft wie ein Faun in einer verwunschen anmutenden Landschaft zu sehen ist.
Die Zeichnungen Raffaella Chiaras beleuchten weniger den Landschaftsaspekt selbst, als vielmehr Naturphänomene, ohne die die ‹Landschaft› nicht wahrgenommen werden könnte. Chiara zeigt etwa Regenschauer oder Sonnenstrahlen und packt sie in erdachte ‹Mikrokosmoi›. Die Zeichnungen bewegen sich dabei in der Schnittmenge von Konstruktion, Abstraktion und Gegenständlichkeit.
Die 16 Millimeter Filmarbeit ‹mr_broum› von Rainer Eisch zeigt eine Kamerafahrt über eine Art Mars-landschaft. Die Bilder erscheinen auf den ersten Blick real und vertraut; entpuppen sich aber schnell als digitale Animation einer virtuellen Welt. Die Kombination des antiquierten Filmprojektors mit der Computeranimation schafft ein Spannungsfeld zwischen romantisiertem Landschaftsideal und High-tech.
Die eigens für die Ausstellung realisierten, grossformatigen Tiefdrucke Bernhard Huwilers kokettieren mit den Namen von Bergen oder Landschaften. Ohne Titel sind bloss Liniensysteme zu sehen. Kennt man aber die Titel, etwa ‹Devil’s Tower› oder ‹Engelshörner›, erschliesst sich ein neues Bild: Huwiler hat die Höhenlinien nachgezeichnet und sie in Blei gestochen. ‹Gut› und ‹Böse› ähneln sich nun so sehr, dass sie eigentlich nicht mehr unterschieden werden können.
Christian Indermühles sphärisch anmutenden Meer- und Strandfotografien bringen eine ätherisch verklärte Note in die Ausstellung. Meisterhaft hat er geheimnisvolle Orte aufgesucht und dort spezielle Lichtmomente eingefangen. Die Meerbilder gehören, neben den Architekturaufnahmen, zu den Höhepunkten in Indermühles Schaffen.
Reto Leibundgut schliesslich bringt neue Holzschnitte und eine kleine Landschaftsinstallation nach Bern. Während seines Atelieraufenthaltes in New York faszinierten ihn die Miniaturannoncen des amerikanischen Liegenschaftsmarktes. Ausgehend von den abgebildeten Häusern schuf er eine Serie wunderbarer Holzschnitte; mit seiner Installation ‹Tempelchen› greift die Landschaft zum Schluss auch noch in den Raum über.
Bernhard Bischoff, Juni 2007