‹Look Both Ways›: Craig Fisher

20.2.–2.4.05

Die erste Ausstellung im neuen Jahr ist dem jungen Briten Craig Fisher (*1976) gewidmet. In seiner ersten Solo Show in der Schweiz zeigt er das ganz Spektrum seines künstlerischen Schaffens. Die skulpturalen Installationen verblüffen, die Anlehnung an die Comicwelt ist evident. Seien es überdimensionierte Bomben, futuristische Kostüme oder seine eindrücklichen «Blut-Räume», immer schwingt neben der Ironie ein zeitkritisches Statement mit. Nicht nur «Fun-Kultur» interessiert ihn, sondern vielmehr die diskursive Auseinandersetzung mit seiner Umwelt. Die Arbeiten sind alle aufwändig von Hand gefertigte Stücke; eine Affinität zum Textilen ist stets spürbar. Im Grenzbereich zu zeitgenössischer Mode arbeitet er mit Hightech-Materialien wie Neopren, Gore-Tex, Armee-Camouflagen, aber auch mit Leder, Samt und Wolle.

Im Zentrum der Thuner Ausstellung steht die Installation «Suspicous Circumstances», die schon in Grossbritannien für Furore sorgte. Sie besteht aus am Boden liegenden Skulpturen, Überresten eines Massakers: Blutflecken und glitzernde Umrisszeichnungen – von den Körpern hingegen fehlt jede Spur. Die Szenerie mutet von der Machart her «comicartig» an – im Kopf etablieren sich aber sofort Verbindungen mit all den mörderischen «Schrecklichkeiten», die tagtäglich vor unseren Augen über die Bildschirme flackern. Die Verniedlichung, die durch das gewählte Material – Glimmer und edle Stoffe – erreicht wird, kann nur im ersten Augenblick über die Tiefgründigkeit der Arbeit hinwegtäuschen. Einmal mehr hinterfragt Fisher die Welt – all die Terroranschläge werden unvermittelt sehr präsent – gesehen jedoch durch den Filter vermeintlich «harmloser» Comic-Ästhetik. Eine ergreifende Anordnung, völlig am Puls der Zeit.

Sein Wandobjekt «H.A.L.», entlehnt aus Kubricks «2001», oder das überdimensionale «Walkie-Talkie» sind irgendwo zwischen pseudo-technologischen Science-Fiction-Geräten und Kinderspielzeug anzusiedeln. Minutiös sind die Teile gefertigt, wunderschöne Objekte; jedoch ohne besondere Funktion. «Tools for the Job» spricht eine ähnliche Sprache, aufwändig bestickte Messer und Mordwerkzeuge werden zu untauglichen Objekten, zu überästhetisierten Skulpturen.

Eine Wandmalerei als Dialog zweier Sprechblasen und Zeichnungen auf Papier runden die Ausstellung ab. Letztere sind einerseits Skizzen für die Installationen/Objekte, andererseits filigran gefertigte, meist mehrfarbige, autonome Arbeiten.

Wie der Titel ‹Look Both Ways› andeutet, sind seine Arbeiten auf verschiedene Arten zu lesen – als amüsante Comicadaptionen, gleichzeitig aber auch als kritische Auseinandersetzung mit unserer Zeit.

Bernhard Bischoff, Februar 2005

Statement Craig Fisher, London:

«Aspiring to boyhood fantasies I often use iconography associated with traditionally ‘masculine’ pursu-its such as the soldier, astronaut or sports hero. I make installations, imaginary beings or objects that are androgynous inform. The work is not specifically identifiable as any one thing, be it object or image, craft/fashion or art, furniture or sculpture, gay or straight, happy or sad. The work operates in an indefinable space, somewhere between reality and fantasy. I attempt to question the boundaries between the public and private self. I’m interested in playing with peoples assumptions about what I’m allowed to be as a man and an artist and how masculinity is defined. By suggesting an inferred narrative in the production of each installation and by using references from fashion, film and high and low art I create a space in which the viewer is able to imagine and project their own private fantasies through the exploration of the objects. By making sculpture that refers to clothing / furniture the work looks as if it should be worn or used, but this is never possible, in actual fact the sculptures are always disfunctional. The use of particular utilitarian fabrics highlights this contradiction and it is also essential in creating a juxtaposition between the exclusivity of high fashion and the generic, the everyday. Material, colour, and texture are all integral to the work as a way of blurring the boundaries between the sculptural and pictorial. I want to create something that is familiar and comforting in form as well as strange and perverse. This play off of boundaries is fascinating in its potential to reveal disquieting».